Zur Situation von geflüchteten Menschen in Oberbayern

Diakonie München und Oberbayern fordert flächendeckende soziale Beratung für Integration


Angesichts der aktuellen Zahlen geflüchteter Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, liegt der Fokus der politischen Debatte derzeit stark auf der Unterbringung "Dass diese aber in einem neuen Land auch professionelle soziale Beratung brauchen, um sich gut integrieren zu können, kommt vielfach zu kurz", kritisiert Vorstandssprecherin Andrea Betz. Sie fordert einen Rechtsanspruch auf soziale Beratung.

Aktuell begleitet der Sozialdienst für Flüchtlinge der Diakonie München und Oberbayern rund 6700 geflüchtete Menschen an 45 unterschiedlichen Standorten. Diese befinden sich derzeit in der Stadt München sowie in den Landkreisen München, Starnberg und Weilheim-Schongau. Die Mitarbeitenden beraten die Geflüchteten zum Beispiel im Asylverfahren, bei der Arbeits- und Wohnungssuche, sie dolmetschen, helfen beim Deutschlernen. Ende des Jahres 2016, also nach der großen Fluchtbewegung von 2015/16, waren es insgesamt etwa 4900 Menschen. Damals konzentrierte sich die Arbeit noch auf die Stadt und den Landkreis München.

"In einem anderen Land Schutz zu suchen und Asyl zu beantragen ist ein Menschenrecht. Dieses Recht hochzuhalten, sollte unseren demokratischen Rechtsstaat auszeichnen", sagt Andrea Betz, Vorstandssprecherin der Diakonie München und Oberbayern. "Der Fokus der politischen Debatte liegt derzeit stark auf der Unterbringung von geflüchteten Menschen. Dass diese aber in einem neuen Land auch professionelle soziale Beratung brauchen, um sich gut integrieren zu können, kommt vielfach zu kurz", kritisiert sie.

Integration ernstnehmen

Mit Blick auf die bayerische Beratungs- und Integrationsrichtlinie (BIR), die in diesem Jahr neu beraten wird, fordert Betz: "Wenn wir die Integration wirklich ernstnehmen, brauchen wir einen Rechtsanspruch auf soziale Beratung für geflüchtete Menschen, der einen einheitlichen Betreuungsschlüssel und eine gesicherte Finanzierung einschließt."

"Das Jahr 2022 hat viel in Bewegung gebracht", sagt Sarah Weiss. Die Juristin leitet den Geschäftsbereich Flucht und Migration bei der Diakonie München. Neben den Menschen, die seit 24. Februar 2022 aus der Ukraine fliehen mussten, sei auch die Zahl von Asylsuchenden aus anderen Ländern im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen. Aus der Ukraine stammen derzeit rund 800 der Menschen, die das Team der Diakonie in den dezentralen Unterkünften begleitet. Davon sind allein rund 400 in München untergebracht.

Unterschiedliche Betreuungsschlüssel in München und den Landkreisen

Doch einen Rechtsanspruch auf eine soziale Beratung haben geflüchtete Menschen derzeit nicht. Entsprechend unterschiedlich fallen die Angebote in den einzelnen Städten und Landkreisen aus. Sarah Weiss zeigt die Unterschiede auf: "In München liegt der Betreuungsschlüssel bei 1:100, im Landkreis München bei 1:150 und in Starnberg bei 1:200."

Ein besserer Betreuungsschlüssel ermögliche es den Berater*innen zum Beispiel, sich intensiver um mögliche Integrationshindernisse zu kümmern, etwa um sprachliche Barrieren, "Aber auch bei medizinischen Problemen können wir die Menschen gemeinsam mit Ärzt*innen und Therapeut*innen besser unterstützen", erklärt Weiss.

"Wie wichtig die Beratung ist, wurde uns noch einmal im vergangenen Jahr besonders deutlich vor Augen geführt." Aus der Ukraine seien im Unterschied zu vorangegangen Fluchtbewegungen vor allem viele ältere, schwerkranke und pflegebedürftige Menschen gekommen. "Diese haben einen deutlich höheren Beratungsbedarf", sagt Weiss. Derzeit begleitet die Diakonie München und Oberbayern rund 400 schwerstkranke und pflegebedürftige Geflüchtete. Darunter 200 pflegebedürftige Menschen aus der Ukraine.

Die Diakonie begleitet geflüchte Menschen an 45 Standorten. Foto: Eva Weinmann